hr-iNFO Büchercheck: Die freie Liebe von Volker Hage

hr-iNFO Büchercheck: Die freie Liebe von Volker Hage

16.07.2015

Volker Hage, Jahrgang 1949, war Literaturredakteur bei der FAZ, bei der „Zeit“ und beim „SPIEGEL“. Er ist ein präziser Stilist, was in diesem ersten Roman allerdings selten zu spüren ist.
hr-iNFO Büchercheckerin Sylvia Schwab hat den Roman gelesen.

 

Worum geht es?

Volker Hages Roman spielt Anfang der 70 er Jahre. Der 21jährige Wolf aus Lübeck ist zum Studium nach München gezogen, um endlich die übergriffige Mutter und die Enge der Heimatstadt loszuwerden. In einer Wohngemeinschaft findet er bei dem Pärchen Andreas und Larissa ein Zimmer. Die sind zu Wolfs Erstaunen tatsächlich verlobt. Und doch führen die beiden eine offene Beziehung. Es kommt, was kommen muss: Wolf landet bei Wein und Kerzenschein bei Larissa im Bett. Es entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die erst köstlich verboten ist und dann immer mehr zur Obsession wird für Wolf.

Wie ist es geschrieben?
Voker Hages „Freie Liebe“ ist ein Bildungsroman der anderen Art. Denn Hage bleibt nicht bei der Dreierbeziehung Wolf, Andreas und Larissa, die ja spannend genug ist. Er streut immer wieder andere literaturhistorisch einschlägige Dreiecksbeziehungen ein. Goethes „Werther“ und „Stella“, Francois Truffauts Filmklassiker „Jules und Jim“ oder Max Frischs Stück „Biografie“. Dadurch lädt er diese Geschichte einer Amour-fou mit ganz viel Bedeutung auf. Aber wirklich zu spüren ist Wolfs Liebe zu Larissa in seinem Tagebuch nicht. Der junge Mann berichtet spröde statt zu erzählen, und manchmal wird er vor lauter Rührung auch ein wenig süßlich:
„Wir schauen uns an dabei, ihre dunklen Augen halten mich fest, während wir gegenseitig unsere Namen flüstern, wir zwei, die gemeinsam eine gefährliche Passage meistern und sich vergewissern müssen, dass der andere noch dabei ist und nicht zurückfällt. Wolf: Ich mag dich so gern fühlen. Larissa: Ich halte das kaum aus. Wolf: Bist du glücklich? Larissa: Wahnsinnig. Komm! Wolf: Jetzt schon? Larissa: Oh ja.“

Wie gefällt es?
Der Anfang dieser Erinnerungsgeschichte hat mir gut gefallen, wie der alt gewordene Wolf von seiner Wiederbegegnung mit Andreas erzählt: in kurzen, knappen Sätzen, selbstsicher und schnörkellos. Aber sobald die Geschichte zurückspringt in die 70er Jahre lässt sie sprachlich ganz deutlich nach. Dieser 21jährige kann seine Liebe nicht in Worte fassen. Ich hatte mich auf den klugen oder humorvollen oder auch provozierenden Roman eines großen Literaten gefreut. Aber das Tagebuch eines unreifen 21jährigen mit Liebeskummer finde ich eher langweilig.

 

hr-iNFO

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gebundenes Buch, 160 S.
Sprache: Deutsch
Luchterhand Literaturverlag
ISBN: 9783630874685